Bibelschwurbel und Bibelkritik. Teil 14: Auslegen oder Ablehnen?

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Bibelschwurbel und Bibelkritik. Folge 14: Auslegen oder Ablehnen?

Ich möchte in dieser Folge zusammenfassend auf die letzten Folgen zurückblicken und ein paar Worte sagen über den Unterschied zwischen der „Auslegung“ einer biblischen Aussage und der „Ablehnung“ einer biblischen Aussage. Auslegen oder Ablehnen. An sich ein einfacher Unterschied, für viele Menschen aber dennoch gar nicht so leicht zu unterscheiden.

Was meine ich also damit und warum ist dieser Unterschied wichtig?

Weil wir in dieser Videoserie über seriöse Bibelauslegung sprechen und über unseriöses Bibelschwurbeln. In der seriösen Bibelwissenschaft unterscheidet man zwischen der Auslegung eines Textes und der Ablehnung. In geschwurbelten Bibelauslegungen aber wird oft von einer „alternativen Bibelauslegung“ gesprochen, wenn man eigentlich die Ablehnung eines Bibeltextes meint.

Blicken wir also noch einmal kurz zurück auf die Folgen der letzten Wochen:

Vielleicht habt ihr im Lauf der Zeit etwas den Überblick verloren, wo wir eigentlich grade sind in dieser kleinen Videoreihe.

Unsere Ausgangsfrage – und die Frage, auf die wir immer wieder zurückgekommen sind, war die: Wie gehen wir mit schwierigen und unbequemen Bibeltexten um?

Zum Beispiel mit der Frage, ob Jesus den Menschen mit der Hölle gedroht hat. Wir haben uns verschiedene Antworten angeschaut.

Manche dieser Antworten sagen: Ja, Jesus hat den Menschen mit der Hölle gedroht. Aber wir müssen diese Aussagen von Jesus aus unserer heutigen Perspektive heraus als falsch ablehnen.

Andere sagen: Ja, Jesus hat den Menschen mit der Hölle gedroht. Und wir sollten diese Aussagen auch heute ernstnehmen und annehmen und nach Wegen suchen, wie wir heute verantwortlich von der Hölle sprechen können.

Und dann gab es noch den dritten Vorschlag, nämlich: Nein, Jesus hat den Menschen überhaupt nie mit der Hölle gedroht. Wir haben in alle nur bisher falsch verstanden. Es gibt aber andere, überraschende alternative Auslegungen, die diese Höllentexte ganz anders erklären.

Hier haben wir also die Alternative zwischen Ablehnen und Auslegen: Ablehnen heißt: ich verstehe zwar, was Jesus sagt, aber es gefällt mir nicht. Deshalb lehne ich es ab.

Eine andere Auslegung zu haben bedeutet: Ich habe eine andere Erklärung, was Jesus mit seinen Aussagen gemeint hat. Und so, wie sie eigentlich gemeint sind, braucht man sie gar nicht ablehnen.

Das ist ein wichtiger Unterschied. Auslegen oder Ablehnen. Und um den soll es heute gehen.

Vielleicht habt ihr in den letzten Wochen ein wenig den Überblick verloren, weil ich so viele unterschiedliche Zugänge zu den schwierigen Texten über die Hölle vorgestellt habe. Und vielleicht denkt ihr euch inzwischen etwas resigniert:

Naja, wenn es so viele unterschiedliche Deutungen gibt, dann scheint es ja totale Ansichtssache zu sein, ob man an die Hölle glaubt oder nicht.

Wenn sich sogar die Theologen und Experten so uneinig sind, dann kann es ja keine einfache Antwort geben. Dann suche ich mir am besten einfach die aus, die mir am besten gefällt.

Ich bitte euch aber jetzt noch einmal einen Schritt zurück zu machen und die letzten Folgen noch einmal in Ruhe, sachlich und nüchtern zu betrachten.

Darum geht es uns ja hier. Um kritische Bibelauslegung.

Und wenn wir einen solchen kritischen Blick auf die bisherigen Folgen tun, dann merken wir etwas: Ich habe zwar viel erzählt über unterschiedliche Arten des Umgangs mit der Bibel.

Aber ich habe dabei seit Folge drei eigentlich keine einzige neue Auslegung mehr vorgestellt.

Alle Folgen seit Folge vier handelten nicht von anderen Auslegungen der Bibel, sondern von verschiedenen Gründen, die Bibeltexte abzulehnen.

Auslegung oder Ablehnung.

Oft hören wir von anderen Leuten, dass sie eine andere Auslegung für schwierige Bibeltexte haben als wir. Wenn wir aber genau hinsehen, dann haben sie gar keine andere Auslegung, sondern nur gute Gründe für eine Ablehnung. Und das ist etwas anderes.

Um das deutlich zu machen, gehe ich noch einmal die verschiedenen Erklärungen zu den Höllenaussagen Jesu durch:

Wenn ich zum Beispiel sage: „Das was Jesus über die Hölle sagt, muss man aus der antiken jüdischen Kultur heraus verstehen. Juden haben eben damals so geglaubt. Wir glauben heute als moderne Menschen nicht mehr so.“, dann ist das keine neue Auslegung, sondern ein Grund, warum ich die Aussagen Jesu ablehne. Ablehnung, nicht Auslegung.

Wenn ich sage: „Man muss die Bibel von Jesus her lesen. Und die Aussagen über die Hölle passen einfach nicht zu Jesus“, dann ist das keine neue Auslegung, sondern eine Begründung für eine Ablehnung.

Wenn ich sage: „Die Liebe ist das wichtigste Prinzip der Auslegung. Und ich empfinde die Worte Jesu über die Hölle als lieblos“, dann ist das keine alternative Auslegung, sondern eine begründete Ablehnung.

Wenn ich sage: „Es gibt doch nur ein Dutzend Stellen in der Bibel, die über die Hölle reden, daher kann das Ganze nicht so wichtig sein “ – dann ist auch das keine andere Auslegung der Bibeltexte, sondern ein Grund dafür, sie abzulehnen.

Und wenn ich sage: „Die Drohung mit der Hölle hat schon so vielen Menschen geschadet und so viel Unheil angerichtet, dass wir sie heute lieber nicht mehr wiederholen sollten“, auch dann habe ich die Texte nicht neu ausgelegt, sondern einen Grund benannt, warum ich sie ablehne.

Das meine ich mit dem Unterschied zwischen alternativer Auslegung und begründeter Ablehnung.

Im Grunde haben wir in dieser ganzen Serie bisher nur einen wirklichen Vorschlag zu einer echten alternativen Auslegung gehört.

Nämlich die Idee von Rob Bell, dass Jesus mit der Hölle nur die städtische Müllhalde von Jerusalem meinte. Und dass es deshalb keine ewige jenseitige Strafe gibt. Das ist eine alternative Auslegung. Wenn sie stimmt, dann haben wir alle die Bibel nur bisher falsch ausleget und Jesus missverstanden.

Und dann müsste ich die Lehre von der Hölle ablehnen, gerade weil ich die Aussagen Jesu ernstnehme. Das wäre wirklich eine alternative Auslegung. Leider eine, die den Faktencheck nicht besteht. Aber es ist wenigstens wirklich eine andere Auslegung.

Alles andere aber, das ist die vielleicht enttäuschende oder überraschende Quintessenz dieser Folge – alles andere, was wir bisher an Einwänden gehört haben, waren keine alternativen Auslegungen oder neuen Deutungen der Bibel.

Es waren Gründe, – nachvollziehbare Gründe -, die Aussagen Jesu über die Hölle abzulehnen.

Achtet also mal darauf, wenn euch scheinbar neue oder alternative oder überraschende Auslegungen der Bibel vorgeschlagen werden: Sind es wirklich neue Auslegungen? oder sind es nur gute Gründe für eine Ablehnung?

Nicht dass ihr mich falsch versteht: Ich bin gar nicht grundsätzlich dagegen, Bibeltexte mit guten Grü+nden abzulehnen.

Ich glaube, dass es durchaus gute Gründe gibt, manche Bibeltexte aus Überzeugung abzulehnen.

Vielleicht schockt euch das oder überrascht euch oder verwirrt euch. Weil ihr denkt: Die Bibel ist Gottes Wort. Das kann man doch nicht ablehnen.

Doch, kann man und muss man sogar oft. Man sollte es dann nur ehrlich so benennen und seine Gründe offen legen.

Aber darüber möchte ich in der nächsten Folge sprechen.

Für heute reicht es mir, wenn ihr in Zukunft diesen Unterschied erkennt: Ob jemand eine andere Auslegung eines Bibeltextes vorlegt oder Gründe für eine Ablehnung.

Wer dagegen so tut, als würde er einen Bibeltext anders auslegen, aber in Wirklichkeit nur Gründe liefert, ihn abzulehnen, der – ihr ahnt es sicher schon – befindet sich nicht mehr im Bereich der seriösen Bibelkritik, sondern des unseriösen Bibelschwurbelns.

 

 

 

 

 

 

 

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